Ernährung des Bibers
Der Biber ernährt sich rein vegetarisch. Auf seinem Speisezettel stehen über 300 verschiedene Pflanzenarten. Während der Vegetationsperiode frisst der Biber fast alle krautigen Pflanzen, die in der Nähe des Wassers wachsen. Dazu gehören zum Beispiel Seerosen, Gräser, Kräuter, das Drüsige Springkraut oder Brennnesseln.
Normalerweise entfernt sich der Biber nicht weiter als 40 Meter vom Ufer. Findet er in diesem Umkreis aber einen Acker, lässt er sich auch Feldfrüchte schmecken, etwa Zuckerrüben, Äpfel, Mais oder Raps.
Wintermenu: Rinde
Weniger üppig sieht es im Winter aus: In der kalten Jahreszeit frisst der Biber fast ausschliesslich Rinde, die er von Gehölzen schält. Deshalb fällt er auch im Winter mehr Bäume, am liebsten Weiden und Pappeln. Ein ausgewachsener Biber benötigt etwa 900 Gramm Rinde pro Wintertag zum Überleben. In fünf Wintermonaten kommen so rund 135 Kilogramm Rinde zusammen.
Spezielle Verdauung
Rinde besteht hauptsächlich aus Zellulose, und diese ist schwer verdaulich. Das Verdauungssystem des Bibers ist deshalb hoch spezialisiert. Die faserigen Anteile der gefressenen Rinde passieren den Magen nahezu unverdaut und gelangen direkt in einen rund doppelt so grossen Blinddarmsack (Zoekum). Dort verdauen spezielle Bakterien die Zellulose vor. Der Biber scheidet darauf einen eiweiss- und vitaminreichen Blinddarmkot aus, und frisst diesen ein zweites Mal. Nun kann der Magen die Nährstoffe aufnehmen.
Biberfamilie
Biber leben im Familienverbund und bewohnen gemeinsam ein Revier. Eine Biberfamilie besteht normalerweise aus einem ausgewachsenen Biberpaar und dessen Jungen im Alter von ein und zwei Jahren. Der Wurf eines Jahres besteht gewöhnlich aus 2 bis 3 Biberkindern. Somit leben in einem Familienrevier durchschnittlich etwa fünf Biber.
Biber markieren ihr Revier und verteidigen es gegen fremde Artgenossen. Ein Biberrevier liegt immer entlang eines Gewässers und liefert genügend Nahrung für die Biberfamilie. In der Schweiz erstrecken sich die Reviere über 1,4 bis 4,5 Kilometer.
Behütete Kindheit
Die Tragzeit des Bibers beträgt ca. 106 Tage. Die Jungen sind Nestflüchter und kommen bereits mit Haaren und kleinen Nagezähnen zur Welt. Ihre Mutter säugt sie etwa zwei Monate lang. Danach beginnen sie, auch pflanzliche Nahrung zu fressen.
Bereits nach vier Wochen unternehmen die Biberkinder erste Schwimmversuche – zuerst nur im sicheren Eingangsbereich des Biberbaus. Tauchen können sie in diesem Alter noch nicht. Sie sind dafür zu leicht und müssen auch die richtige Technik zuerst erlernen.
Am Anfang bringen die Eltern die kleinen Biber aus dem Bau und lassen sie keine Sekunde aus den Augen. Denn Gefahren für Jungbiber lauern überall: Zum Beispiel Hochwasser, Füchse oder Raubfische wie der Hecht.
Junge müssen nach zwei Jahren ausziehen
Jungbiber bleiben zwei Jahre bei den Eltern und lernen in dieser Zeit alle wichtigen Dinge fürs Leben. Bevor dann im April wieder Nachwuchs zur Welt kommt, müssen die Kinder das elterliche Revier verlassen. Wenn sie nicht freiwillig gehen, werden sie unsanft verjagt. Denn wenn alle bleiben würden, gäbe es zu wenig Nahrung im überbesiedelten Revier.
Für den Biber beginnt damit ein sehr schwieriger Lebensabschnitt. Denn erstens leidet er als soziales Tier unter der Einsamkeit, und zweitens muss er auf jeden Fall ein Revier finden – denn ohne Revier kann er nicht überleben.
Bibervater und Bibermutter hingegen bleiben ein Leben lang zusammen, normalerweise im gleichen Revier. Stirbt einer der Partner, sucht der Hinterbliebene nach einem Ersatz.
K-Strategie
Biber werden 12 bis 14 Jahre alt. Ihre Fortpflanzungsstrategie nennen Biologen «K-Strategie». Das bedeutet, dass der Biber nur wenige Jungtiere zur Welt bringt, in die er dafür sehr viel Energie investiert, um ihr Überleben zu sichern. Im Vergleich mit anderen Nagetieren wie zum Beispiel Mäusen ist dies untypisch.
Beobachten
Man hat grosses Glück, wenn man einen Biber in der Natur beobachten kann. Obwohl sich die Tiere in der Schweiz laufend weiter ausbreiten und immer mehr Lebensräume besiedeln, ist die Chance klein, einen Biber zu erblicken, Denn die Tiere sind äussert scheu und vor allem während der Nacht aktiv.
Trotzdem besteht die Chance, auch in der Reinacher Heide oder an den Talweihern einen Biber zu sehen. Hier erfahren Sie, worauf Sie achten sollten, wenn Sie sich auf die Lauer legen.
Auf Frassspuren achten
Von November bis März, also im Winterhalbjahr, hinterlässt der Biber beim Fressen deutlichere Spuren als im Sommer. Angefressene Bäume und abgenagte Äste weisen darauf hin, wo der Biber auf Nahrungssuche geht. Allerdings verlässt der Biber seinen Bau im Winter auch seltener.
Deshalb ist die Chance, einen Biber zu sichten, im Sommer trotzdem grösser. Die nachtaktiven Tiere erspäht man am ehesten in der Morgen- oder Abenddämmerung. Tagsüber sind sie fast nie unterwegs.
Wasser ist sein Element
Achten Sie auf die Wasserfläche, denn die Biber legen Wegstrecken wenn immer möglich schwimmend zurück. Häufig ragt nur der Kopf mit Augen, Nase und Ohren aus dem Wasser. Zum Fressen kommen die Biber an Land, wo man sie in ihrer vollen Grösse beobachten kann.
Bei allen Beobachtungen muss man sehr vorsichtig sein. Denn obwohl der Biber kein Fluchttier wie zum Beispiel ein Reh ist, zieht er sich schnell ins sichere Wasser zurück, wenn er eine Störung bemerkt. Dort taucht er ab, normalerweise rund 5 Minuten. Er kann aber auch bis 20 Minuten untertauchen, wenn es nötig ist.
Beobachten in der Umgebung
Gute Beobachtungsplätze in der Reinacher Heide sind das Heidebrüggli oder eine geschützte Stelle am Birsufer, hier entlang des Biberpfades. Es gibt aber auch flussabwärts viele Stellen, an denen der Biber gerne frisst. Im Naturschutzgebiet Talweiher haben wir den Biber schon an allen Weihern beobachtet. Die besten Chancen auf eine Sichtung bestehen dort, wenn man sich Zeit nimmt, vom Steg im unteren Weiher aus zu spähen.
Natürlich ist es nicht erlaubt, die Wege zu verlassen, da wir uns in einem Naturschutzgebiet befinden. Beim Fotografieren keinen Blitz benutzen. In der Umgebung befinden sich noch weitere Biberreviere, zum Beispiel in der Grün 80 oder entlang der Ergolz (> Link Verbreitungskarte Baselland).
Unter fachkundiger Begleitung auf Biberpirsch gehen? Der Naturschutzdienst bietet regelmässig Führungen an Wir bieten Biberführungen an. Natürlich ohne Sichtungs-Garantie…
Biberbau
Biber sind hervorragende Baumeister und der Biberbau bildet das Zentrum jedes Reviers. Biberforscher unterscheiden drei Typen von Biberbauten: Erd-, Mittel- und Hochbau. Allen drei Bauten gemeinsam ist der Zugang unter Wasser sowie eine trockene Wohnhöhle, die man auch «Wohnkessel» nennt.
Typ 1: Erdbau
Für den Erdbau gräbt der Biber unterhalb der Wasseroberfläche einen Eingang, meist unter einem Baumstrunk. Von dort arbeitet er sich unterirdisch nach oben. Der Bau befindet sich fast vollständig im Erdreich, lediglich eine Luftröhre führt aus dem Kessel an die Oberfläche. Sie sichert die Frischluftzufuhr. Für einen Erdbau muss die Uferböschung mindestens 1,2 Meter hoch sein.
Typ 2: Mittelbau
Wenn die Uferböschung weniger als 1 Meter hoch ist, gelangt der Biber beim Graben bald an die Oberfläche. Um seinen Bau zu sichern, verstärkt er dessen Decke, indem er über dem Kessel Äste und Schlamm aufschwichtet. Unsere Heidebiber haben ebenfalls einen Mittelbau gebaut. Man sieht ihn allerdings kaum mehr, da er inzwischen stark überwachsen ist.
Typ 3: Hochbau
Ein Hochbau ist das Bauwerk, das man auch als «Biberburg» kennt. Die Burg ist typischerweise komplett von Wasser umgeben. Für seine Wohnung schichtet der Biber einen Haufen aus Ästen und Schlamm auf. Steigt der Wasserstand zwischenzeitlich an, baut der Biber immer höher und verlagert den Kessel nach oben: die Biberburg entsteht.
Der Biber ist mit seinem Bau nie zufrieden und werkelt immer an einer Ecke etwas. Er schafft neue Äste herbei und dichtet Löcher mit Lehm ab. Im Winter macht er seinen Bau mit Schnee winterfest. Grössere Biberbauten können auch mehere Eingänge und verschiedene Kessel haben.
Kunstbauten
Im Gebiet Talweiher hat der Biber mit seiner Bautätigkeit angefangen, den Wasserhaushalt des Gebietes zu verändern. Die Ergolz und die künstlich aufgeschütteten Weiher sind dort durch einen Damm voneinander getrennt. Der Biber hat den oberen Weiher zum überlaufen gebracht, indem er den Abfluss aufstaute (Bild links). Dadurch floss Wasser in eine künstliche Furt, die eigentlich verschlossen war, um zu verhindern, dass Amphibien hineinfallen. All dies machte bauliche Eingriffe nötig. Heute stellen Röhren den Abfluss der Weiher sicher und verhindern, dass sich das Wasser der Ergolz und der Weiher vermischt. Für den Biber wurde gleichzeitig eine künstliche Höhle eingelassen, in der er nun seinen Bau einrichten kann (Bild rechts).
Warm und sauber im Inneren
Im Innern des Baus achtet der Biber auf Sauberkeit. Er legt den Kessel mit Holzschnitzeln aus, die er regelmässig auswechselt. Für die Toilette geht der Biber immer nach draussen.
Interessant ist auch das ausgeglichene Klima innerhalb des Baus. Biberbauten stehen normalerweise im Schatten und dank der guten Isolation bleiben sie auch im Hochsommer angenehm kühl – die Temperatur steigt selten über 20 Grad. Im Winter kann es dafür im Bau bis zu 35 Grad wärmer sein als draussen.
Innerhalb des Reviers gibt es meist noch andere, kleinere Biberbauten. Dazu gehören Fluchtbauten oder Röhren, in die sich der Biber bei Gefahr oder zum Fressen zurückziehen kann. Im Revier gibt es noch Fluchtbauten und Röhren in die sich die Biber zurückziehen und fressen.
Bäume fällen
Der Biber fällt Bäume, das ist allgemein bekannt. Er fällt sie, um Baumaterial für Dämme und Bauten zu erhalten, sowie um an die Rinde der höheren Äste zu gelangen, von der er sich im Winter ernährt.
Neue Dynamik in Flussauen
Seine bevorzugten Baumarten sind die Weichholz-Arten, die in Auenwäldern häufig vorkommen: Pappeln und Weiden. Beide Arten können gut damit umgehen, dass hin und wieder ein Hochwassern Teile beschädigt oder abbricht. Sie regenerieren schneller als andere Bäume. Fällt beispielsweise eine grosse Weide, treibt sie auf dem Stock sofort wieder aus.
Vor allem junge Weiden sind darauf ausgelegt, möglichst schnell grosse Mengen Biomasse zu produzieren. Am stärksten wachsen die Triebe, wenn sie zwischen zwei und vier Jahre alt sind. Heute gibt es nur deshalb so viele riesige Weiden entlang der Flüsse, weil der Mensch mit Flussbegradigungen und Stauwehren vielen Auengebieten die natürliche Dynamik genommen hat. Hochwasser gibt es kaum noch. Der Biber sorgt somit auch für eine Rückkehr zur früheren Vitalität von Flussauen. Er ändert ihre Struktur von Hochstämmern zu Gebüsch.
Er bewirtschaftet die Reserven sorgfältig
Biber gehen beim Fällen nicht planlos vor. Im Gegenteil, sie bewirtschaften ihr Revier nachhaltig wie ein Förster, der den Wald langfristig pflegt und regelmässig verjüngt. Normalerweise fällt er dort, wo seine bevorzugten Baumarten am dichtesten stehen. Die Fällplätze wechseln mit den Jahren, damit sich die Vegetation wieder erholen kann. Weiter unterstützt der Biber durch seine Aktivität Pionierpflanzen, die aufkommen, wenn der Wald aufgelichtet wird, und sorgt für eine grössere Vielfalt.
Trotz allem sind einzelne Bäume schützenswert. Dazu gehören zum Beispiel einige Schwarzpappeln. Ein rundum angelegtes Drahtgitter verhindert, dass der Biber anfängt, zu nagen. In der Reinacher Heide hat man sich ansonsten dafür entscheiden, den Biber frei walten und gestalten zu lassen, solange die Fällaktivitäten den Hauptweg nicht gefährden.